Anfang September ist das Flüchtlingslager Moria vollständig abgebrannt. Die aktuellen Zustände für die sich auf der Flucht befindenden rund 20`000 Frauen, Männer und Kinder auf der griechischen Insel Lesbos sind absolut menschenunwürdig. Es fehlt unter anderem an Unterkünften, an Zugang zu medizinischer Versorgung, an Trinkwasser oder an Schutzmassnahmen insbesondere für Kinder und Frauen. Ein Schutzkonzept, das vor einer Covid-19 Infektion schützt, ist erst recht nicht umsetzbar. Die Zuständigen vor Ort sind komplett überfordert. Mit einer Verbesserung in absehbarer Frist ist nicht zu rechnen. 

Neben den prekären Zuständen wirkt sich die Hoffnungs- und Perspektivenlosigkeit der geflüchteten Menschen, die sich oft seit Jahren in diesen Lagern aufhalten, auf die physische und psychische Gesundheit aus. Allen voran sind es die Kinder, die leiden.

Auf Lesbos leben über 5.000 Flüchtende unter menschenunwürdigen Bedingungen  – und die EU schaut weg - EDITION F

Mit einem offenen Brief haben die Parteien SP/Grünen/JUSO den Urner Regierungsrat aufgefordert, den Bund zur Aufnahme von Flüchtlingen aus dem griechischen Lager Moria zu ermuntern und dabei die Hilfsbereitschaft Uris anzubieten. Die Fraktion SP/Grüne hatte an der Landratssession vom 30. September das Thema zusätzlich mit einer parlamentarischen Empfehlung in die Regierung getragen.

Nun kam die Antwort der Regierung, sowohl auf den offenen Brief, wie auch auf die parlamentarische Empfehlung. Diese Antwort der Urner Regierung ist für die Parteien SP/Grünen/JUSO mehr als unbefriedigend. Ein Nichthandeln in einer Notsituation damit zu begründen, es gäbe vielerorts Notsituationen, ist menschenverachtend und verantwortungslos. Jedes gerettete Menschenleben ist ein Erfolg. Und jedes, das wir verlieren, ist eines zu viel.
 

Lesbos: Erstmals 18.000 Flüchtlinge im überfüllten „Camp Moria“

Aus der Antwort des Regierungsrates ist zu erkennen, dass weder der offene Brief noch die parlamentarische Empfehlung richtig gelesen wurden. Denn unser Ziel war es, dass der Kanton Uri beim Bund vorstellig wird, diesen für eine Aufnahme von Flüchtlingen ermuntert und die Urner Bereitschaft mindestens zehn Flüchtlingen aufzunehmen signalisiert. Es ging uns darum, ein humanitäres Zeichen zu setzen, beispielsweise in Form eines Briefes an den Bund. Es ging nicht darum, dass der Kanton Uri eigenständig Flüchtlinge aus Moria holen oder deren Asylanträge bearbeiten soll. Die Menschen in Moria haben mehrheitlich gar keine Möglichkeit, ein Asylgesuch zu stellen, sondern warten in den Flüchtlingslagern, bis die europäischen Länder reagieren und das Recht auf Asyl endlich ernst nehmen. Mit einem Brief an den Bund hätte die Urner Regierung zeigen können, dass auch sie sich an diesen menschlichen und rechtlichen Missständen stört und bereit wäre, gemeinsam mit Anderen diese Missstände zu beheben.

Es scheint aber, dass es für die Urner Regierung zu mühsam ist, einen einfachen Brief nach Bern zu schicken, der notabene Leben retten könnte.

Wie die Regierung in ihrer Antwort erwähnt, wäre sie grundsätzlich bereit, zusätzliche Flüchtlinge im Rahmen eines Resettlement-Programms aufzunehmen. Ziel des offenen Briefes von SP/Grünen/JUSO und der parlamentarischen Empfehlung war es, dass der Regierungsrat diese Bereitschaft auch gegenüber dem Bund kommuniziert hätte. Wenn sogar dies zu viel Aufwand bedeutet – wo bleibt denn da die Menschlichkeit?

03. Nov 2020